Episode 54: Dr. Justus Geilhufe - Runde 2

Shownotes

In dieser Folge von Laberlümmel - Der Korpo Talk ist Justus Geilhufe, Jahrgang 1990, erneut zu Gast. Justus ist Pfarrer der Kirchgemeinde am Dom zu Freiberg und Hochschulseelsorger an der Technischen Universität Bergakademie. Mit einem beeindruckenden akademischen Hintergrund in Theologie, Philosophie und Leadership, erworben in Jena, Princeton, München und Leipzig, hat er zudem an der Universität Göttingen eine Dissertation zur Theologie Bruce McCormacks verfasst.

In unserer zweiten Runde tauchen wir tief ein in zentrale Themen des Glaubens und der Gesellschaft. Wir sprechen über den bürgerlichen Protestantismus und den bürgerlichen Katholizismus und diskutieren, welche Rolle beide Traditionen in der heutigen Zeit spielen. Außerdem beleuchten wir die Entwicklungen und Herausforderungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Justus gibt spannende Einblicke in seine Sicht auf kirchliche Strukturen, Glaubensgemeinschaften und den Dialog zwischen Tradition und Moderne. Freut euch auf ein Gespräch voller Reflexionen, spannender Perspektiven und inspirierender Impulse – eine Folge, die sowohl zum Nachdenken als auch zum Diskutieren einlädt!

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Chapters 00:00 Einführung in den bürgerlichen Protestantismus 04:32 Die Rolle der Kirche in der modernen Gesellschaft 07:32 Historische Perspektiven des Protestantismus in Deutschland 10:32 Politische Dimensionen des Protestantismus 13:21 Frustration und Entfremdung innerhalb der EKD 16:27 Glaubensfragen und die Suche nach Heimat 21:34 Bürgerliche Verantwortung und christliches Handeln 24:06 Die Rolle der Kirche in sozialen Themen 26:48 Öffentliche Theologie und ihre Herausforderungen 30:56 Die Bedeutung von Bonhoeffer und sozialer Verantwortung 34:42 Der Einfluss der 68er-Bewegung auf die Kirche 38:20 Entfremdung von Glaubensinhalten und Bildungsideal 41:23 Identitätsvermittlung im Protestantismus 42:25 Die Bedeutung des Sonntagmorgensgottesdienstes 45:13 Persönliche Reise zur protestantischen Identität 47:36 Die Rolle der EKD und der Identitätsverlust 50:52 Integration des Glaubens in den Alltag 55:06 Abschluss und Ausblick auf die Zukunft 58:02 Outro+Hinweis

Justus Buch: Die atheistische Gesellschaft und ihre Kirche Die atheistische Gesellschaft und ihre Kirche

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Justus: ist es jetzt.

Korpo Talk: Gut. Super. Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Lava Lümmel, der Corporate Talk. Mein Name ist Jan und ich bin der Host dieser Sendung. Heute haben wir wieder einen altbekannten und besonderen Gast. haben Dr. Justus Geilhofer Jahrgang 1990 in Runde 2 bei uns. ihn noch nicht kennt, er ist evangelischer Theologe und man könnte auch sagen Philosoph und echter Denker unserer Zeit, der nicht nur in Deutschland, sondern auch international seine Spuren hinterlassen hat. Justus studierte evangelische Theologie, Philosophie und Leadership an renommierten Instituten wie der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, dem Princeton Theological Seminary der LMU und der Hochschule für Philosophie in München sowie der Universität Leipzig. Und seine Promotion führt ihn auf eine spannende Reise zu den größten Lehrstätten Europas mit Forschungsaufenthalten am päpstlichen Eterneum St. Al-Salmo in Rom und der Universität St. Andrews und erschloss sich schließlich bei Christina und erschloss schließt sich bei Christina Piskala in Göttingen seine Promotion ab. Heute ist Justus als Fahrer in Großschirme aktiv und betreut als Hochschulseelsorger noch die Studierenden an der TU Bergakademie Freiburg. Sorry, bin ein bisschen nervös. Betreut als Hochschulseelsorger noch die Studierenden an der TU Bergakademie Freiburg. In dieser Folge sprechen wir mit ihm vor allem über den bürgerlichen Protestantismus, Tradition und die Herausforderungen der Kirche in unserer Zeit. Ein Fachgebiet, auf dem er unterwegs ist, wo er schafft und seine Mission vorantreibt. Ein Gespräch, das sicher Tiefgang verspricht und vielleicht auch die eine oder andere provokante These. Vielleicht kommen wir auch auf 95 Stück am Ende. Hallo Justus, schön, dass du da bist.

Justus: Hallo, danke für die Wiedereinladung.

Korpo Talk: Gerne, schön, dass du dem gefolgt bist. letzte Mal, als du bei uns Gast warst, da hatten wir einen riesengroßen Andrang an Streams. Also, das war die zweiterfolgreichste Sendung, die wir hatten. Definitiv. Die erfolgreichste war Paul Ehrenburg, der auch mittlerweile ja auf dem Team bei uns ist. Das ist ja mit dem Video, was wir am Sonntag gepostet hatten.

Justus: Ernst? Das ist ein ganz toller Typ. ich hab ihn nur gesehen, aber das, ich gesehen hab, war irre gut.

Korpo Talk: Ja, er ist ein guter Typ. Ich mag ihn auch sehr. Ja, und wir wollen ja heute mal ein bisschen das Thema bürgerlicher Protestantismus vertiefen, was ja auch besonders mich anspricht. Ich bin ja auch wie du, evangelisch. Und wir halt so keine bürgerlichen protestantische Kultur, finde ich so in Deutschland. Und ich finde toll, dass du das anstoßt. Aber was bedeutet das für dich, dieser Begriff?

Justus: Ja gut, da haben wir jetzt eine Stunde Zeit, aber es ist halt eine Reihe von Dingen. das ist ist letztendlich irgendwie eine Theologie, jetzt mal blöd gesagt. ein guter Freund von mir ruft an, aber da kann ich jetzt nicht rangehen. Aber ich grüße aus seiner Sicht Giacomo Del Bosco, alle, ihn auf Instagram ... folgen. Die wissen wer gemeint ist. Alle die das noch nicht tun, bitte da mal reingehen. Aber jetzt bin ich wieder da. Also das ist sozusagen eine theologische Grundüberzeugung. Das ist denke ich ein kirchliches Handeln. Also das ist einfach schon auch einfach eine soziale Praxis. Und das ist auch eine, wie Du es und deswegen war ich froh, dass Du es schon angesprochen hast, ist auch eine Kultur. Ich glaube, dass alle drei Dinge da zusammenkommen. So wie wenn sich in der Kirche etwas tut, immer gut, wenn sozusagen diese drei Dinge zusammenkommen, wenn also irgendwie eine biblische Einsicht zu einer neuen Art Gemeinden zu leiten und miteinander zu leben führt und das Ganze eben auch den Alltag prägt. Das ist eigentlich die Hoffnung, die hinter jeder Erneuerung irgendwie steckt. Und wir haben das irgendwann mal unter diese Überschrift bürgerlicher Protestantismus gepackt und mit wir

Korpo Talk: Mmh.

Justus: Das bin ich und ein echt enger Freund von mir, Stefan Fichtner aus Berlin, der über ein religionssoziologisches Thema gerade eine Dissertation schreibt und der genau, mit dem wir irgendwie so aus dem, was viele, die Christen sind, kennen, raus wollten, nämlich dieses sich auf Instagram vier-, fünfmal die Woche sozusagen die Worst Practice Beispiele unserer Kirche zu schicken und dann irgendwie so zehn Minuten wieder darüber zu chatten und zu ranten und dann irgendwie sich aber da wieder zu verabschieden. Sondern wir wollten irgendwie es schaffen, einen Gegenentwurf zu liefern, der halt irgendwie auch theoretisch ist und nicht einfach nur zu sagen, ja, wir sind halt irgendwie so einen Ticken konservativere Typen und wir finden das halt irgendwie doof. Das nützt halt nichts, sondern wir wollten eben irgendwie etwas erzählen von dem, was wir halt

Korpo Talk: Hm.

Justus: Glauben, was heutzutage tatsächlich irgendwie gebraucht wird und auch eine Zukunft hat. Und so sind wir auf bürgerlicher Protestantismus gekommen. Ob das jetzt die beste Formulierung ist, das frage ich mich immer. ganz viele kommen dann immer an und sagen, nee, Herr Geilhofer, das trifft es eigentlich auf den Punkt. Und es ist gut, dass Sie diese Kombination stark machen. Und deswegen sind wir bisher dabei geblieben.

Korpo Talk: Ja, meine, wenn man das so bisschen absteckt, geografisch oder topografisch, dann ist das ja wirklich auch das Pfarrhaus, was ja auch durchaus einige große Kulturleistungen in Deutschland hervorgebracht hat. Und ich finde, das ist auch in Deutschland ziemlich unter die Räder gekommen. Also ich habe ja meine Masterarbeit über Theodor Flietner und Julius Düsseldorf geschrieben. Die beiden Jungs, die die Diakonissen.

Justus: Ja.

Korpo Talk: Plädner hat es ja auf den Weg gebracht und Düsseldorf war ja der Nachfolger praktisch, der Tim Cook sozusagen von ihm. ja, da sieht man halt den... Das habe ich auch darüber gedacht, weil ich habe ja eigentlich einen wirtschaftshistorischen Schwerpunkt gehabt. Mich hat interessiert, wie haben die ihr Geld gemacht, wie haben sie es ausgegeben und wie kann es sein, dass ein Pfarrer, der keine wirtschaftliche Ausbildung hat, 500 in Anführungszeichen Angestellte am Ende hatte.

Justus: Quill wirkt toll im Vergleich, der Tum Cook von ihm ist gut. Haha.

Korpo Talk: die dann am Ende auf 28.000 auf den Nach-Nachfolger auch angewachsen sind. Wie funktioniert das? Und das hat mich halt ziemlich gecatcht. Und da bin ich halt mit dem Pfarrhaus oder beziehungsweise auch mit dem Protestantismus noch mal tiefer in Kontakt gekommen. Und man muss sagen, es ist ein richtiger Kulturverlust, der da in Deutschland stattgefunden hat. Ich glaube auch seit 1968 vor allem, wenn man das so betrachtet. Ich meine, frag mal jemanden in unserem Alter heute, wer ist denn Schleiermacher gewesen? Die kennen diese Leute nicht. Und das ist halt traurig. Da freue ich mich, dass wir ja versuchen, diesen Weg zu gehen. Aber denkst du denn, dass dieser bürgerliche Protestanzismus jemals in Deutschland den Ton angegeben hat oder wird seine Rolle über die Jahre romantisiert?

Justus: Na, wir beschreiben ja damit eigentlich nicht ein historisches Phänomen, sondern wir versuchen ja ein Anliegen von heute einzupacken damit. Das, ja, keine Ahnung, das, es früher gab, da müssten jetzt Kirchenhistoriker oder Soziologen noch mal ran. Aber ich glaube, das Anliegen, was wir haben, hat es tatsächlich so nicht gegeben, beziehungsweise nur am Rand. Und deswegen haben wir es jetzt so genannt. ... Wir wollen ja nicht irgendwie zu Otto DiBelius zurück und sagen, nee, das ist so eine Adenauer CDU und irgendwie einfach so eine DiBelius-EKD, die müssen jetzt einfach wieder zusammen den Laden retten. Das ist einfach nicht das, was wir denken, weil das ist so, also da bin ich schon auch echt so in solchen Momenten schon so ein Ulf Poschart-Freund, der einfach wirklich dieses nach hinten blicken und irgendwie immer zu sagen, so als Deutsche träumen wir uns immer erst mal nach hinten und so gut wie nie nach vorne. Das führt, also ich glaube, glaube, mit dieser Beobachtung hat er recht und ich glaube, dass es auch einfach inhaltlich zu nichts führt. Die Welt ist halt einfach jetzt da, wo sie ist. Und die Frage ist, was sagt das Evangelium halt heute dazu? Und was wir halt für eine Anleihe nehmen. Und das ist so mein Beitrag zu dem Ganzen. ist halt, dass wir glauben, dass eben im Osten von unserer Kirche, was eben auch der Osten unseres Landes ist, so ein bisschen etwas überlebt hat, was von einem bürgerlichen Geist getragen worden ist und was sich eben in den Kirchen hat beheimaten können. So, und das ist halt eben Protestantismus in Ostdeutschland, der eben beispielsweise auch superpolitisch und auch superliberal daherkommen kann und trotzdem etwas von so Tugenden in sich was wir sagen, das ist eigentlich wahrscheinlich die Zukunft von Protestantismus in Deutschland. Und das hat sozusagen, das ist bis zu seinem tiefsten Kern protestantisch und will das auch bleiben. Aber es ist eben von so einer bürgerlichen Praxis geprägt und von einer bürgerlichen Kultur eben auch getragen. Und deswegen glauben wir halt, das könnte vielleicht ein Schlüssel zu der Frage, zu der Antwort auf die Frage sein, wie können wir jetzt die nächsten 20, 30 Jahre?

Korpo Talk: Mhm. Mhm.

Justus: evangelische Kirche in Deutschland voranbringen, weil es da ja wirklich nicht rosig aussieht. hat ja, also da ist ja das Pfarrhaus nur eine Baustelle von ganz vielen.

Korpo Talk: Ja, mein klar, das ist alles nur ein Wandel. wenn man dir ja so auch zuhört, dann hört sich das Ganze ja vor allem auch nach einer Reform irgendwo an, also das wieder in Schönheit zurückbringen. Man hört ja bei dir konservative Wertvorstellungen heraus. Es geht den Einfluss auf das Bürgertum und also in einer reziproken Weise die Verbindung von Kirche und Staat ja auch irgendwo. Und das ist ja leider auch Problem der evangelischen Kirche. Das ist ja historisch sehr stark determiniert von Preußen an.

Justus: Ja. Ja. Genau.

Korpo Talk: Wir hatten ja 1817 zum 300. Jahrestag der Reformation die Unierung beschlossen und damit auch die evangelische Kirche wesentlich politischer gemacht, als zum Beispiel die katholische Kirche war.

Justus: Ja. Ja, ich mein, das geht ja bis hin zur ... nicht sozusagen das, was wir als Pfarrer im Gottesdienst tragen. Das haben wir nicht entschieden, sondern das hat die Regierung uns gesagt, dass wir das tun sollen. Und das ist natürlich ein problematischer Teil von dem, evangelische Kirche in Deutschland ist. vor allem war und bis heute ist. Und vielleicht machen wir's dann mal konkret, wie wir auf diese Idee gekommen sind und was wir meinen.

Korpo Talk: Hm.

Justus: Und das sind tatsächlich Nachwirkungen von all dem. Und das hat natürlich auf der anderen Seite auch viel mit 68 und dem, was daraus entstanden ist, zu tun. So ein bisschen so ein Auslöser, beispielsweise auch von dem Buch, was ich geschrieben habe, Die atheistische Gesellschaft und ihre Kirche, und von dem, was wir immer wieder erleben, Stefan und ich und so einfach wir die, so ein bisschen. so wach unsere und irgendwie auch mit einem kritischen Blick auf unsere Kirche und unsere Gemeinden schauen. Das war beispielsweise so eine, das nehme ich immer raus, die Bewerbungsrede von oder es kann auch sein, dass es die Dankesrede von Annette Kurschus war, als sie Ratsvorsitzende geworden ist. Also Annette Kurschus, eine rhetorisch und theologisch wirklich unglaublich begabte Frau, die eben Präses in Westfalen war und dann für den Ratsvorsitz kandidierte und für den auch gewählt wurde und die nach ihrer Wahl dann sagte, sozusagen und so darüber redete, was ist, was ist ihre Aufgabe und was ist die Aufgabe der Kirche? Und der Satz fiel, die Aufgabe, die Erwartungen der Menschen an unsere Kirche sind weiterhin ungebrochen, sehr, hoch oder sehr, sehr groß. Und daraus schloss sie natürlich, dass die Kirche ihre Rolle darin zu finden hat. das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland zu prägen, vor allem durch Positionierungen und auch Wortmeldungen. Wir sind der Meinung, es gibt in Deutschland kaum mehr jemanden, darauf hört. Deswegen macht die Kirche zunächst einen strategischen Fehler, wenn sie ihre Identität darin sucht. Natürlich haben wir auch eine theologische Anfrage, ob das die Kernkompetenz von uns ist. Und daraus haben wir eben so eine Idee entwickelt, dass die Kirche selbstverständlich politisch ist, weil sie den politischen Raum, in dem sie existiert, mit erschaffen hat. Das ist so eine Grundthese von Stefan und mir. Der Westen, den wir sehr hochhalten, der würde ohne Protestantismus und vor allem auch ohne deutschen Protestantismus so nicht existieren. Und insofern ist es völliger Humbug so zu tun, als könnte die Kirche sich auf irgendeine Art heiliges Land zurückziehen, wo es nicht politische Fragen ginge. Das merke ich ja hier in Ostdeutschland jeden Tag. Deswegen geht es nicht darum, unpolitisch zu werden. Aber ist die Frage, oder es ist die Aufforderung dazu, noch mal zu schauen, was in der heutigen Gesellschaft, so wie sie sich gerade verfasst hat, und existiert, Aufgabe ist. Und da glaube ich eben, können wir große Anleihen dort finden, bei denen, die ganz lange schon eben in einer Lebenswelt existieren, die vollständig entkirchlicht worden ist. das ist eben die atheistische Gesellschaft in Ostdeutschland.

Korpo Talk: Absolut. Hm?

Justus: Und da hat eben die Kirche hier und die Gemeinden hier einen Erfahrungsschatz, der jetzt nicht sieben Jahre alt ist, sondern halt 50. Also hier sind 90 Prozent der Leute nicht in der Kirche und das halt einfach, also mehr oder weniger gefühlt seit 1975. Und das heißt,

Korpo Talk: Aber du guckst ja gerade, es bald nur noch 89 % sind.

Justus: So, also, Zahlen sind jetzt alle ein bisschen übertrieben, aber schauen wir doch mal, wie die Gemeinden hier existieren und was sie tun. da glauben wir eben, das hat sehr viel Bürgerliches. Oder sozusagen, das hat sehr viele Parallelen zu diesem Ideal einer bürgerlichen Existenz. Und als letzter Satz, bevor wir weiter ins Detail gehen oder noch mal einen größeren Bogen spannen mit bürgerlicher Existenz, sind nicht einfach Barberjacken und Bootschuhe gemeint, sondern eben eine Art des Denkens und des Handelns und auch eine Art sozusagen zu leben. Und dazu gehört Kleidung und so weiter dazu. das ist genau, das ist die Idee dahinter. Und das bekommt eine gewisse Aufmerksamkeit gerade tatsächlich.

Korpo Talk: Durchaus, da machst du ja auch einen guten Job. Da hast du eine große Reichweite und bist ja mittlerweile auch bekannt in dem Thema und du wirst ja auch in Fernsehsendungen eingeladen. Aber lass uns mal auf das Thema, also ein bisschen mehr auf den Kern gehen, auf das Pudelskern, das bisschen bildungsakademisch auszudrücken. Manche sagen ja, die EKD ist auf einem, anführungsweise, linken Trip, immer liberaler, immer politischer, wie du es ja auch schon gerade angeklungen hast. Warum ...

Justus: Ja.

Korpo Talk: Siehst du denn da gerade den Punkt darin der Entfremdung, warum sich konservative Bürger so stark von der EKD zurückziehen? Kannst du Beispiele nennen, wo die Kirche über das Ziel hinausgeschossen ist?

Justus: Ja. Ich glaube, da nützen die Beispiele nichts. Aber ich glaube, man kann sehr gut begründen, auch manchmal so eine Aggression existiert. Und zwar, das war so eine Sache, die ich bei mir erst realisieren musste. Ich hab mich natürlich irgendwann immer mal wieder gestört an einfach Dingen, die sozusagen unsere Kirche so ganz selbstverständlich ... immer wieder in den Vordergrund spielt, wo ich immer sagen würde, ja, klar ist das wichtig. Klar ist das wichtig, sich zu umweltpolitischen Themen zu äußern. Und da hat auch irgendwie der größte Arbeitgeber Deutschlands oder mit der größte Arbeitgeber Deutschlands und so weiter Verantwortung. Und dazu muss man auch etwas sagen und etwas tun. Aber es ist immer so ... Also natürlich hat man das Gefühl, es gibt Themen, permanent vorkommen. Und es gibt natürlich Themen, wo ganz viele sagen, das ist doch eigentlich der Kern, das ist doch eigentlich das, worum es geht. die ganz selten vorkommen, bzw. die vielleicht auch in der Öffentlichkeitsarbeit usw. kaum ihren Platz haben. Und daher kommt so eine gewisse Frustration. Und die Frustration, wenn wir mal so auf uns beide schauen oder sozusagen vielleicht auch die, die den Podcast führen, die resultiert, glaube ich, aus einer ganz bestimmten Beobachtung, nämlich, dass man den Eindruck bekommt, ob es stimmt, ist auch noch mal dahingestellt, aber es gibt den Eindruck ... dass die EKD und dass sich die Kirche ganz sehr politische Mitstreiter und Gruppen bemüht, die gar nicht etwas gegen die Kirche haben, aber die für die Kirche eigentlich nicht gewinnbar sind, weil sie tatsächlich den tiefen Sinn ihres Lebens und auch das Ziel ihres Handelns eben in säkularen politischen Bewegungen und Zielen und einfach Lebensweisen gefunden haben, was irgendwie in einer multikulturellen, offenen Gesellschaft, die ich möchte, völlig in Ordnung ist.

Korpo Talk: Mmh.

Justus: Und gleichzeitig werden Leute, tatsächlich auf der Suche nach Glaubensfragen und auch auf einer Suche nach Heimat in unserer Kirche sind, so ein bisschen liegen gelassen. Und die dürfen irgendwie natürlich kommen und irgendwie ihre Sachen machen. Aber man hat nicht das Gefühl, die wird geworben und es wird sich gefreut, dass die da sind. Und dadurch entsteht so eine Frustration, weil natürlich die, die versuchen, irgendwie sich in dieser Kirche zu beheimaten. merken, sie haben das Gefühl, gar nicht so wirklich gewollt zu sein. Und gleichzeitig wird andere, die gar nicht reinkommen wollen, sehr geworben. Und ich glaube, daraus entsteht eine ganz große Frustration, die man sehr einfach verhindern könnte. Und das hat beispielsweise etwas mit einer bürgerlichen Lebensweise zu tun. Und dies mir aufgefallen, als ich auf meine eigene Glaubensbiografie geschaut habe. Und zwar ist mir irgendwann aufgefallen, dass alle Menschen, die mir etwas beigebracht haben, von dem, wer Jesus ist, die mir beigebracht haben, was das Evangelium tatsächlich bedeutet, was für ein Glaubensinhalt es ist, wenn wir von guter Botschaft reden, wenn wir darüber reden, was das Kreuz in seiner Bedeutung für mein Leben ist und so weiter. Also diese wirklichen Schwarzbrot-Fragen.

Korpo Talk: Hm?

Justus: Das waren alles Menschen in meiner Kindheit und Jugend, die alle von sich selber sagen würden, dass die superliberale und weltoffen und vielleicht sogar so tendenziell bisschen links sind. Und das ist natürlich politisch, also sozusagen historisch total gut begründbar, weil die natürlich aus der Kirche der DDR kamen, die natürlich aus total guten Gründen sehr schnell irgendwann so umweltbewegt war, weil einfach bei uns alles im Arsch war. Also das war einfach furchtbar da zu leben. Und deswegen haben sich einfach so Christen aus ihrer Berufung heraus dafür verantwortlich gefühlt, etwas da zu tun. Und das hat natürlich die Gemeinden geprägt. Aber es waren eben Gemeinden, die ihre Aufgabe in solchen Dingen gesehen haben und aber trotzdem total eindeutig verortet waren oder beheimatet waren in Bibelgesprächskreisen, in Hauskreisen, im Sonntagmorgen Gottesdienst 10 mit seiner klassischen Liturgie, in Familienrüstzeiten und so weiter. die also in der Kirche waren, es nur den Glauben ging. Aber dann sehr schnell deutlich wurde, ja, aber aus diesem Glauben folgt auch eine Verantwortung in dieser Welt. das ist vielleicht dann das... Jetzt mache ich auch wieder einen Punkt, den will ich vielleicht noch machen. Und das hatte eben so etwas Bewegendes, dass eben diese 10 %-Kirche eben in einer komplett atheistischen und zu DDR-Zeiten ja auch wirklich dezidiert kirchenfeindlichen Gesellschaft... gesagt hat, wir wollen etwas für diese Gesellschaft und für die Menschen in dieser Gesellschaft und tatsächlich auch für die Verantwortungsträger dieser Gesellschaft tun. sozusagen uns und nicht die Welt in Gut und Böse einteilen und eben zu sagen, die Kirche ist bei Gut und solange sie die anderen nicht berührt, kommen wir vielleicht gut über die Zeit. Und das ist, ich, eine bürgerliche Qualität. So, und das ist natürlich auch reziproak.

Korpo Talk: Hm.

Justus: Weil das natürlich mit bürgerlichen Zeitaltern nichts zu tun hat. Die antiken Christen haben für ihre Verfolger gebetet und haben versucht, diesem Rom etwas für andere zu tun. Aber das hat natürlich eine Lebensweise in der christlich geprägten Welt zum Vorschein gebracht, die wiederum irgendwann sich in einem bürgerlichen Individuum äußert, der eben sagt, ich muss mit anderen Menschen nicht inhaltlich übereinstimmen.

Korpo Talk: dass er auch Teil unseres christlichen Selbstverständnisses, der Nächstenliebe.

Justus: ihnen respektvoll, offen, verbindlich zu begegnen. Und das ist eine bürgerliche Qualität, die, wo ich eben sagen würde, die entspringt aus dem christlichen Menschenbild und die prägt wiederum auch eine christliche Praxis und bleibt aber sozusagen etwas, was wir sozusagen soziologisch und philosophisch bürgerlich nennen können, weil sie eben eine gewisse Art von christlichem Handeln und Leben zum Ausdruck bringt. So ist das gemein. Vielleicht sind das kleine Beispiele, die verdeutlichen, wie wir zu so einer Formulierung bürgerlicher Protestantismus kommen. Aber eben was wir auch konkret damit meinen, ich hoffe, dass das so Stück weit verständlich ist.

Korpo Talk: Ja klar, ich verstehe schon, was du meinst. Das Problem ist, was ich nur in der evangelischen Kirche sehe, die ist ein Handsdampf in allen Gassen. Die versucht zu jedem großen Themenfeld eine Position zu beziehen, Bereichen aktiv zu sein. Wo die Frage erst mal da ist, sollte sie dort aktiv sein? Also ist das deren Hauptgeschäftsfeld, wenn man das mal offen sagt? Ich Glaubens- und Gemeindeleben, würde ich sagen, ist Punkt eins, das ist wichtig. Daraus her...

Justus: Ja.

Korpo Talk: rausgeht, die soziale Gerechtigkeit und Diakonie, wie man es heute nennt. hat man das ja innere Mission ja auch genannt. Aber es ist halt so, wie du es ja gesagt hast, die Umweltpositionen sind halt sehr groß dort. sind Themen zur Flucht, Migration und Integration. Bioethik wird dort besprochen. Geschlechtergerechtigkeit wird auch thematisiert. Interreligiöser Dialog jetzt nicht nur im Sinne einer Ökumene, sondern halt auch mit zum Beispiel mit dem Judentum oder auch mit dem Islam. Dann ist die Frage, wie geht es mit der Zukunft weiter, die innere Erneuerung und Reform, das ist alles sehr viel. Und das sind per se alles gar keine schlechten Positionen, die da drin sind. Nur die Frage ist halt so, wie ich das sehe, das sind teilweise dann aber keine bürgerlichen Positionen, die dort betrachtet werden. Das sind halt eher, sagen wir mal, Positionen, man zum Beispiel den Grünen, also den Grünen halt, sagen wir mal, oder Bündnis 90 halt zuordnen würde. Und das ist ja schon mal per se für viele Bürgerliche auch sehr abschreckend, weil das jetzt nicht gerade die Ja, Parteien-Ecke, wo die sich wohlfühlen. Und das ist, ich, der Punkt, der es schwierig macht.

Justus: Ja, aber da bin ich schon bei Uli Hoeneß, der sagt, für die Scheißstimmung seid doch ihr verantwortlich und nicht wir. Also so, da sag ich immer den ganz Frommen, die sich an vielen Stellen auch total gerne zurückziehen und sagen, solange bei uns in der Gemeinde alles wahr und gut ist, reicht uns das erst mal. Und die EKD oder sozusagen ganz vieles von dort oben ist ja eh verloren.

Korpo Talk: Mmh.

Justus: Da sind immer beide Seiten dran beteiligt. Ich sehe natürlich auch dieses Übergewicht, aber ich sehe auch, einfach über sehr viele Jahre hinweg Menschen, einfach eine andere Positionierung haben, die immer selten an Kirchenparlamenten einbringen, was natürlich wiederum an diesem Überhang liegt. das System ist dazu da, dass alle es nutzen und sich alle dort einbringen.

Korpo Talk: Hm?

Justus: Und dann wäre es vielleicht auch zu diesem Punkt nicht gekommen, der viele halt so frustriert. Also das ist so das erste einmal. Es ist ja nicht, also auch wenn es durchaus Intransparenzen gibt, die mich auch nerven, aber es ist ja trotzdem ein offenes System. Also so, man kann einfach für den Kirchenvorstand kandidieren, man kann für die Synode kandidieren, man kann für die Bundessynode kandidieren. Und dann, also natürlich leben wir heute in der Zeit,

Korpo Talk: Mmh.

Justus: Wo Friedrich Merz halt einfach die Witze, er vor 20 Jahren gemacht hat, nicht mehr machen kann. Aber dann muss er halt so klug sein, die nicht zu machen und ordentlich zu agieren in der Welt, wie sie eben ist. Und dann hat man eben die Möglichkeit, ordentlich gewählt zu werden und dann das Kurs mitzuprägen. Also das ist erst mal so das eine. Also das ist schon auch einfach der Aufruf an mich und an andere. wenn wir Anliegen haben, die wir unterrepräsentiert finden, dann können wir nicht anders als sie einfach selber zu präsentieren und sie einzubringen.

Korpo Talk: Aber wie könnte denn eine konservativere und werteorientierte Theologie in der EKD aussehen?

Justus: Naja, das ist eben sehr spannend, wenn das zu sehr insider ist, dann muss du da was sagen, oder die anderen skippen jetzt so bisschen wie auch immer. was wir in den letzten zwei, drei Jahrzehnten erlebt haben, ist, dass eine gewisse theologische Richtung sehr prägend geworden ist. Und das ist die sogenannte öffentliche Theologie. Oder auch Public Theology genannt. Das ist eine Theologie, die einen interessanten Ansatz hat. Und die aber in ihrer vulgären Form an vielen Stellen zu genau dem führt, womit beispielsweise du das jetzt in deinen Wortmeldungen relativ schwer hast. Das hat sehr viel mit zwei Figuren zu tun, die die letzten Jahrzehnte die EKD ganz stark geprägt haben. Nämlich Professor Wolfgang Huber. der relativ lange Professor in Heidelberg war, dann Bischof in Berlin und dann Ratsvorsitzender der EKD gewesen ist. Und Professor Heinrich Bedford-Strohm, der relativ lange Professor in Bamberg war, ich glaube Bamberg, ja, und dann Bayerischer Landesbischof und dann in dieser Funktion auch EKD-Ratsvorsitzender war. Huber und Bedford-Strohm sind sozusagen Lehrer und Schüler, also Kollegen, aber Wolfgang Huber hatte die Professur, wo Bedford-Strohm oder sozusagen an dem Institut lange Zeit gearbeitet hat. Und die haben eben eine Theologie entwickelt, die eben man öffentliche Theologie nennt und die eben aus der, aus dem Axiom lebt oder auf der Prämisse aufbaut, dass die Kirche eben ihre Identität in ihrem öffentlichen Auftrag hat. Und der hat natürlich etwas mit innerer und äußerer Mission und so weiter zu tun, aber eben ... die das sich auseinandersetzen und bewerten von aktuellen politischen Prozessen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Und das ist nicht etwas, was auch zum Amt eines EKD-Vorsitzenden dazukommen kann, sondern was Wesensmerkmal von sozusagen der Existenz von Christen in dieser Welt ist. Und da stimmt natürlich total viel, hat natürlich auch große Vorbilder. Da spielt Dietrich Bonhoeffer eine ganz zentrale Rolle für diese Menschen. Dass sie sagen, sind auch Grundfehler in unserer Geschichte passiert, dass wir uns eben von unserem öffentlichen Auftrag verabschiedet haben. Und dadurch ist sehr, auch weil das natürlich dann eine ganz große Stärke hat, wenn man sagt, wir berufen uns auf Bonhoeffer, der gegen Hitler ... sich gewehrt hat und unter Hitler dann ermordet worden ist, dann hat das natürlich eine wahnsinnige Kraft und Wirkung und die hat sie in den letzten Jahrzehnten entfaltet und da Da kam, so Harald Schmidt, irgendwie gegen Erfolg gibt es kein Argument. Also wenn sozusagen sich das durchgesetzt hat, dann hat sich das durchgesetzt und man kann einfach dann wirklich sehr in Ruhe und vor allem in dem Versuch tiefgründig zu sein die Frage stellen, kann man dieser Theologie eine andere daneben stellen und irgendwie sagen, okay, passt mal auf, das Anliegen verstehen wir gut. glauben aber, dass die Erde sich ein Stück weit weiter gedreht hat und wir glauben, dass die Bibel und sozusagen die theologische Tradition uns auch zu gewissen Urteilen heute führt und die lauten wie folgt. Und das kann man einfach nur dann abliefern. Und ich glaube nicht so sehr irgendwie an Cancel Culture oder so, dass ein tatsächlich überzeugender Entwurf untergebuttert werden würde, sondern ich glaube, dass die Diskurse so offen sind, dass man sie, wenn man klug und gut ist, auch mitprägen und verändern kann. das ist so die Aufgabe von denen, die gerade unzufrieden sind. Das Schlimmste, was man machen kann, ist austreten und sagen, Bock mehr. Damit ist es ja wirklich vorbei dann.

Korpo Talk: machen viele. Das ist immer traurig. Das ist, wenn ich ins Gemeindeblatt gucke und sehe, wie viele Kinder wieder getauft worden sind. Dann zählt man die und dann steht immer unten auf der Seite die Austritte. Dann denkt man sich, Mann, das ist sehr demotivierend. Ja, also ich meine, das ist ja auch so wie du ja gesagt hast, Bonnhöfer, ich meine, er hat ja seine Betonung und seine Lehre war ja eine Religion ohne Religion und halt Engagement für Menschenwürde und soziale Verantwortung, Grundelemente dieser öffentlichen Theologie sind. Und ich meine, da sieht man ja auch wieder die Dimanschrichtung heute, auch wieder da drin ist, finde ich.

Justus: Mhm. Ja, und ich glaube aber, dass das gar nicht so, also dass das ein wirklich kluger Ansatz ist. Aber in der Folge geht natürlich vieles unter. Und das, was letzten Endes daraus geblieben ist, ist, dass die Kirche eben nur dann Kirche ist, wenn sie Kirche für andere ist. Und das wird, ähm, und auch der Satz, dem stimme ich zu 100 % zu, er wird aber ausschließlich sozial interpretiert. Und er hat eine tiefere Dimension, also auch die Missionen und das Gottesdienst feiern. Die Schönheit Gottes in dieser Welt neu zu suchen und zu feiern. Auch das ist Kirche für andere sein. Und nicht nur sozusagen die Tafel ins Leben zu rufen und sich umweltethisch zu engagieren.

Korpo Talk: Das ist ja eher Dorothee Sölle, die hat sich ja stark für Frieden und Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit geäußert in ihrer politischen Theologie.

Justus: So, und das sind natürlich dann auch Figuren, die ganz zentral waren. Und die eben auch, denke ich, Erfolg noch mal deutlich machen. Weil ja die ... Ich weiß nicht, ob ich das in dem Podcast mal gesagt hab, aber es gibt einen ... Ich kann den Kirchenhistoriker nicht nennen. Aber es gibt einen Kirchenhistoriker, der mal gesagt hat, die 68er ... Das waren alles einfach nur wirtenbergische Pfarrerskinder, die mal bumsen wollten. Ich weiß nicht, ob das hier im Naberlümmer das letzte Mal gefallen ist oder in einem anderen, aber sozusagen in der Kern dieser Beobachtung ist, 68 sehr, sehr stark von vor allem evangelischen Christen forciert worden ist und geprägt war irgendwie Gretchen Dutschke, Theologiestudentin. Das ließe sich über ganz, ganz viele Ebenen und auch Jahrzehnte. Ja, ich wollte das jetzt nicht, aber das gehört zur Transparenz zu. Genau, Pfarrerstochter. Und...

Korpo Talk: Ja, aber auch Gudrun Enzlin, war ja ihr Vater, war ja auch... Ja, da haben wir wieder das deutsche Pfarrhaus. ist kulturträger. Entweder werden die Jungs und Mädels sehr erfolgreich, die da hervorgehen, oder es ist genau das Gegenteil.

Justus: Und, also genau, das spielt natürlich auch eine große Rolle, dass eben Friedens-, also sozusagen das Studentenrevolte, Apo, Friedensbewegungen, Öko-Bewegungen, dass das über drei, vier Jahrzehnte einfach personell irreeng verwoben mit dem deutschen Protestantismus war. Da können ja jetzt auch alle irgendwie nichts dafür, und das muss man auch wirklich nicht verteufeln. Aber man kann auch einfach selbstbewusst etwas erzählen von dem, was man glaubt, heute eben anders ... zu laufen hat. Und ich glaube eben, dass wir an so einem entscheidenden Punkt sind, weil eben diese personelle Verbindung aufgehört hat zu existieren. Also es gibt sozusagen diese Generation tatsächlich stirbt jetzt langsam. Deren Töchter und Söhne sind schon lange nicht mehr in der Kirche bzw. engagieren sich nicht mehr in der Kirche. Und die Enkel sind sowieso komplett raus. Also sozusagen das hat sich

Korpo Talk: Die sterben jetzt langsam, die Generation. Hm.

Justus: säkularisiert und in der Folge dessen haben wir jetzt die

Korpo Talk: Aber was ist denn da genau schiefgelaufen, 68? Also...

Justus: Na die ... Wie, was meinst du, innerhalb der evangelischen Kirche, oder ...

Korpo Talk: Was ist denn da passiert? Ja, genau, ich meine, was ist denn da passiert, dass da so ein Bruch stattgefunden hat? Also ich meine, das ist krass.

Justus: Naja, das ist natürlich vielschichtig. Natürlich ganz, ganz vielschichtig. Aber das ... Also, das hat natürlich auch etwas Historisches. der Vorwurf ist natürlich an Also, der 68er an ihre Elterngeneration ist natürlich so, ihr habt immer gesagt, ihr wart so gute Christen. Und habt immer weggeguckt, wenn eure jüdischen Nachbarn weggeführt worden sind.

Korpo Talk: Hm?

Justus: Jetzt können wir sozusagen nur als Christen politisch ganz aktiv werden und diesen Muff ein für alle Mal beenden. Dann hat das natürlich diesen kompletten Überhang bekommen, dass die RAF sozusagen als erste Sachen begonnen hat, jüdische Einrichtungen in die Luft zu sprengen und mit ihren Palie-Freunden irgendwie Juden von Nicht-Juden in den Flugzeugen zu separieren. Also sozusagen, dass man irgendwie versuchte, dann den Judenknacks komplett irgendwie wegzukriegen.

Korpo Talk: und die Ausbildung in den PLO-Lagern. Das darf man auch nicht vergessen.

Justus: Also sozusagen der tiefste Abgrund überhaupt, der sich ja heute, also diese Nacht in Amsterdam wieder zeigt, dass irgendwie so diese linke politische Befreiungsbewegung nichts anderes ist, als einfach nur Nazi sein und Antisemit sein. Und die, und sozusagen das hat man, also glaub ich, alles nicht gesehen oder hat es auch beschwichtigt und hat sich eben sehr, sehr stark eben auf diese politischen Auseinandersetzungen konzentriert. Und ...

Korpo Talk: schrecklich. Mmh.

Justus: Das hat natürlich die Folge, dass die Glaubensinhalte und die persönlichen Ziele, die man mit dem Christsein verbindet, irgendwann säkularisiert werden. Und man eben sagt, ja, ... Natürlich ist der Gottesdienst wichtig, aber wichtig ist ... ist in der ... im Wendland gegen den Kastortransport zu. Also, vielleicht ist der Protest gegen den Kastortransport die neue Pilgerstätte. Vielleicht ist das unser Gottesdienst. Und wenn die Kinder darin aufwachsen, dann übernehmen sie das und dann ist eben irgendwann Glauben an Gott und in der Kirche sich engagieren ersetzt worden durch sozusagen zivilgesellschaftliches Engagement. Also ich glaube, das ist völlig verkürzt und auch unfair gegenüber denen, die sich da aus ihrer tiefen christlichen Überzeugung eingebracht haben. Aber ich glaube, wenn man verstehen will, eben unsere Generation, die davon geprägt ist, jetzt nicht mehr in der Kirche ist, dann liegt das daran, dass, glaube ich, auch lange Zeit die Überzeugung da war, dass einfach nur Sonntag morgens in den Gottesdienst gehen, fast schon falsch ist, weil man das große Unrecht in der Welt damit ignoriert und vielleicht der richtige Gottesdienst eben ganz woanders liegt.

Korpo Talk: Aber da ist ja auch wieder gerade der Punkt. Ich glaube Fehler liegt darin mit der Entfernung der Inhalte. Das ist das Problem. nicht die Mission, die nach außen getragen wird, die ist ja richtig und vernünftig. Aber ich glaube, was bei vielen Menschen der Fall ist, einfach, dass diese Entfremdung von den Inhalten da ist. Dass die Leute nicht wissen, was dort passiert ist, was die Kernbotschaft des Christentums ist. Dass das Wissen über Jesus sehr, sehr stark abnimmt.

Justus: Ja.

Korpo Talk: weiß nicht, der Gottesdienst eine interessante Veranstaltung ist, wo der Pfarrer vorne irgendwelche spannenden Sachen macht, aber keiner weiß, macht der da eigentlich, wo steht der Inhalt. Und das ist, glaube ich, Problem. Und ich glaube, da müsste auch der bürgerliche Protestantismus hingehen, dass vor allem die Inhalte erstmal wieder an die Leute rangebracht wird und dass daraus wiederum dann die intrinsische Motivation entwickelt wird, die ganzen anderen Schritte zu gehen, die gerade von der Kirche gegangen werden.

Justus: Ja, das ist ein ganz toller Punkt, das Bildungsideal sowohl des Bürgertums als auch des Protestantismus. ist... Ja. Und das ist ein Erbe von ostdeutschen Christsein, das... wo eben genau dieses Bildungsideal überwintert hat. Das... ich gebe immer so...

Korpo Talk: und des Fahrhauses. Es ist ja auch ein Ort der Bildung.

Justus: Mein liebstes Beispiel ist die Christenlehre bei uns. Du wirst das vielleicht kennen, aber viele unserer Hörerinnen und Hörer werden das nicht kennen. Die Kirche wurde sehr schnell aus dem Bildungssystem der DDR entfernt. Es gab sehr schnell keinen Religionsunterricht mehr an den staatlichen Schulen. Es gab ja nur staatliche Schulen. Die Kirche hat daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen.

Korpo Talk: Mhm. Hm?

Justus: dass der Unterricht der Kinder obsolet geworden ist, sondern hat schlicht und ergreifend gesagt, findet dieser Religionsunterricht bei uns der Kirchgemeinde statt. Und die Folge dessen ist, dass wir in Ostdeutschland ab in der Regel dem Vorschulalter, also ab dem Alter von fünf Jahren, bis zur Konfirmation einen durchgehenden Unterricht an Kindern haben. Und dann auch es durchaus noch verbreitet ist, dass sich ein gewisser Teil dieser Konfirmierten in der sogenannten Junggemeinde wiederfindet, wo eben dann selbstständig an den, sozusagen an den Abenden, Gottesdiensten, aber eben auch an Inhalten ein Stück weit weiter gearbeitet wird. Und die Folge dessen ist, dass, also ich will das nicht glorifizieren, aber ich glaube schon, dass es einen gewissen Unterschied gibt, dass ostdeutsche Christen durchaus wissen, wer sie sind, woran sie glauben und warum sie bei diesem Verein mit dabei sind. Und das ist eben etwas, was Ich sehr deutlich gerade spüre, dass sehr viele, die so fünf Jahre jünger sind als ich und jetzt die ersten Gehaltszahlungen bekommen, die sehen dann eben diese Kirchensteuer abgehen und stellen sich dann einfach die Frage, warum das da abgeht. Und sie haben auf dieses Warum keine Antwort. Und deswegen treten sie dann aus. Die wenigsten treten aus, weil sie aufgrund eines Skandals sagen, Das ist oder nicht die wenigsten. Natürlich gibt es viele, die aufgrund von stattfindenden Verfehlungen, die absolut grauenhaft sind, austreten. Aber es gibt einen sehr, sehr großen Teil von Leuten, die aus purer Gleichgültigkeit austreten, weil sie schlicht und ergreifend nicht wissen, warum sie Mitglied dabei sein sollen. Und das Gefühl haben ... Ja, genau. Genau, und deswegen mache ich eben sehr,

Korpo Talk: Ja, da fehlt ja eine Vermittlungsangebote.

Justus: eben die Inhalte und tatsächlich auch die Traditionen stark. Das wird mir manchmal als so ein Traditionalismus vorgeworfen, was es aber wirklich nicht ist. Ich glaube aber tatsächlich, dass es gewisse Identitätsmarker für uns Protestanten gibt, die wir, also die einfach strategisch gesehen klug sind, eben hoch zu halten. dazu gehört eben beispielsweise ...

Korpo Talk: Mhm. Absolut, die gibt's nicht. Das ist das Problem.

Justus: der Sonntagmorgensgottesdienst. Deswegen bemühe ich mich, den Leuten zu erklären, was Sonntagmorgens passiert. Denn wenn die Leute denken, das sind einfach nur 17 Leute, die sich treffen, weil sie sich gern haben, und weil der Pfarrer manchmal was Interessantes erzählt, aber es ist so komisch, wir machen immer so uralte Gesänge und keiner checkt, was das ist, das ist bestimmt vor 100 Jahren eingeführt worden und nicht erneuert worden, dann ist natürlich klar, dass die sehr schnell sagen, ich geh da gar nicht hin, oder ich geh nicht mehr hin. Wenn ich aber verstehe, dass wir uns Sonntag morgens treffen, weil Jesus sonntag morgens auch verstanden ist. Wenn ich verstehe, dass wir uns mit einer Liturgie treffen, die einfach biblische Verkündigung ist. Also dass das Herr abarme dich, der Blinde in Jericho ist, der sagt, Jesus, du musst jetzt zu mir kommen, sonst ist mein Leben scheiße. Und wir eben wie der Blinde von Jericho sagen, Kyrie eleison, Jesus, musst jetzt herkommen, sonst bringt das alles nichts, was wir hier heute morgen und in unserem Leben machen. Und wenn wir sozusagen verstehen ... was es mit diesen Lesungen und der Predigt auf sich hat, dann sind die noch nicht dadurch spannender bzw. sozusagen lustiger geworden. Aber ich verstehe vielleicht, wenn die Gehaltsabrechnung kommt, warum diese 17 oder 32 oder 58 Euro dahingehen. Und das ist etwas, was ich ganz, ganz stark mache, dass die Leute immer wieder neu lernen müssen, was ihr Glauben ist und was Christsein bedeutet. Und das ist... in jedem Fall, und das würde ich wirklich nicht als Vorwurf formulieren, aber das würde ich wirklich stark machen, das ist ein Defizit unserer Kirche, dass wir den Eindruck, wie bitte? Ein unfassbares wirklich Defizit des deutschen Protestantismus, dass wir den Eindruck vermitteln, es ginge, also, wir den Eindruck vermitteln, Inhalte stören eigentlich ein Stück weit. Und das, also, da müssen wir uns tatsächlich engagieren,

Korpo Talk: Unfassbares. Ein unfassbares Defizit in meinen Augen.

Justus: dieses Ruder rumzureißen, denn so witzig und cool sind wir halt einfach nicht, dass die Leute deshalb da bleiben, sondern ja, du auch Jean-Philippe. Toll, Immer noch ganz toll. Nee, aber genau, sind so die kleinen Kreise, die wir versuchen zu schließen.

Korpo Talk: Du schon, Danke. Genau, Jean-Philippe, wie du das unterschrieben hast in meinem Buch. Ja, geil. Aber ich hab da auch ein... Ja, aber das ist gerade der Punkt, du hast ja auch diesen Punkt Identität angesprochen. Und dann habe ich ja auch gesagt, mit der sehr fehlenden Wissensvermittlung oder der Vermittlung der Identität dahinter, ich habe da so meine persönliche Journey. Also bei mir war es so, ich bin ja auch evangelisch aufgewachsen. Also ich habe das ja in deinem Podcast ja auch hier beim westöstlichen Divan mir auch gehört. Es wird immer gesagt worden, wo sind die Wurzeln in Ostdeutschland? Also mein Urgroßvater Heinz Wolters. Der kommt aus Schönebeck bei Magdeburg und die Verwandtschaft kommt auch aus Aschersleben und so weiter. Und da kommt auch mein Protestantismus her. Und für mich war immer so, damals mein Konfirmationsunterricht, einmal pro Woche mit den anderen coolen Kids treffen, heimlich bisschen Alkohol trinken aus dem Kühlschrank dort und gucken, dass die zwei Stunden vorbeigehen und dann gingen alle wieder glücklich nach Hause und keinerlei Inhalte vermittelt bekommen. Und dann war es so, Religion war für mich irgendwo immer wichtig. war auch im Religionsunterricht immer Einserschüler.

Justus: Ja, ja.

Korpo Talk: Aber das Gelebte war halt nicht da. Wir sind an Weihnachten in die Kirche gegangen und damit war okay, weil es Tradition war. Und dann bin ich damals fertig mit dem Abi gewesen und hab mich bei den Studentenverbindungen gemeldet. Dann hab ich mich bei einem CV gemeldet und hab gefragt, kann ich Fuchs werden? Und die so, klar. Hab ich mich mega gefreut per Mail. Zwei Minuten später nächste E-Mail, bist du katholisch? Ich so, nee, evangelisch. Dann geht's nicht. Und dann ging's halt so weiter. Und

Justus: Ja. Ja. Ja.

Korpo Talk: Ich hatte an irgendeinem CV sehr viel Kontakt, also die Burgundian in Düsseldorf, die hatte ich auch schon ein paar Mal erwähnt. Und die haben eine sehr starke katholische Identität. Das hat mich unfassbar angesprochen, Religion und Glaube so zu leben. Das fing dann damit an, dass ich erst mal die Katholiken dann erforscht habe, in diesen ersten Momenten der Wahrnehmung, in dem man sich dort in diesem Feld bewegt hat. Und das ging dann so weiter, dass ich irgendwann überlegt habe, werde ich nicht auch katholisch einfach? Konvertiere und mache dann da auch mit und so weiter. Und dann habe ich mir erst mal überlegt, nein.

Justus: Mhm. Mhm. Ja.

Korpo Talk: Ich guck mir jetzt erstmal meine eigene protestantische Identität an. Und als ich dann auch auf Flietner dann meine Masterarbeit erforscht hab und dann bei der Flietner Kulturstiftung über ein Jahr halt auch mitgeforscht hab und auch dort mit den Stiftungsleitern, die mich auch sehr gut angefreundet haben und alles, kam diese protestantische Identität immer mehr in den Vorschauen. Man hat da gesehen, das für eine Kultur war, die dort gelebt worden ist. Und wenn du dich dann mit Katholiken unterhältst, auch sehr Gläubigen, dann sagen die...

Justus: Ja. Ja. Ja.

Korpo Talk: Die sind froh, dass sie früher keine Protestanten gewesen sind, weil hätten sie gar keinen Spaß gehabt, weil da einfach so ein Wertewert dahinter war, Ethik, die komplett verloren gegangen ist. Das finde ich gerade so traurig, weil wir mal so eine starke Konfession waren, die so stark kulturell einen Impact hatte, der heute leider nicht mehr da ist. Und da ist es halt so, ich sehe dann die EKD, so wie du das ja gerade in deinen Worten gesagt hast, die versucht cool zu sein, die ist in ganzen Themenbereichen unterwegs, aber diese Vermittlung der eigenen Identität, was du bist, ist überhaupt nicht da. Und halt auch so, was ist diese Religion? Und warum machen wir das? Was bedeutet das? Wie lernst du daraus, in diesem Sinne zu handeln? Und das fehlt halt. Also, man kann gerne immer auf der richtigen Seite der Geschichte spielen. Das ist ja auch cool und es ist auch einfach. Aber da gehört halt mehr dazu. Und da sehe ich halt auch den bürgerlichen Protestantismus halt auch als ein Vehikel, was man nutzen könnte, dass wir genau zu diesem Punkt kommen. Erst mal die Besinnung auf sich nach innen. Wer sind wir? Was sind wir? Und warum machen wir das? Und dann ...

Justus: Ja, ist es wirklich so.

Korpo Talk: Wenn das mal steht, gehen wir die ganzen anderen Schritte. Klar, das darf jetzt auch nicht vernachlässigt werden. Die Diakonie muss ihr Werk tun und so weiter, keine Frage. Aber da müssen wir auch wieder hinkommen, dass der normale Gläubige halt wieder weiß, was es heißt, halt ein Protestant zu sein und halt auch auf Augenhöhe andere Konfessionen halt begegnet und stolz und selbstbewusst auch sagt, so ja, ich bin Protestant. Und für mich ist das jetzt nicht gerade, sagen wir mal, Position der EKD.

Justus: Und die einfachen Ausdrücke des Glaubenslebens halt ein Stück weit wieder cool machen. Das ist etwas, was, glaube ich, so ein Stück weit ...

Korpo Talk: Integral würde ich eher sagen, integral im Selbstverständnis.

Justus: Genau, die ... Aber das ist auch so ... Das hat Stefan schon ... Oder das hab ich ein Stück weit von Stefan gelernt. Die Verbindung mit der Alltagskultur muss halt hergestellt werden. Und das ist genau das, eigentlich die EKD total an vielen Stellen betreibt, dass sie die Verbindung der traditionellen Glaubensinhalte mit dem Alltagsleben eigentlich proaktiv beendet. Also, das ist jetzt ein Stück ... Etwas übertrieben.

Korpo Talk: Mhm.

Justus: Aber es gibt ja eigentlich wenige der Offiziellen, die allen Ernstes behaupten, dass der Sonntagmorgen Gottesdienst der integrale Bestandteil und die Mitte des kirchgemeindlichen Lebens und des Lebens des Christen ist. Sondern da fallen ganz viele andere Dinge ein. Es ist im Gegenteil so, dass eben beispielsweise bei diesem Gottesdienst permanent gesagt wird, wir wissen,

Korpo Talk: Hm.

Justus: Das ist ein reines Nischenangebot, das ist eine mini kleine Milieveranstaltung. Das tut uns auch leid und wir versuchen da Abhilfe zu schaffen, indem wir eine Vielfalt an Angeboten schaffen. Und das kann ich hören. Ich verstehe aber nicht, wohin das führen soll. Und gleichzeitig sehe ich eben beispielsweise in meiner Arbeit, dass die, dass das ernst nehmen, dessen, was wir da überliefert haben. Und der Versuch, so schön wie möglich zu feiern, dazu führt, dass eine neue Selbstverständlichkeit daraus erwächst. Und es ist ja dann auch irgendwie unsere Aufgabe daraus, eben was zu machen. Irgendwie einer der schönsten Gottesdienste, den ich im Jahr habe, ist, wenn ich einmal im Jahr mit so einer Gruppe junger Leute, so zwischen 25 und vielleicht so 40, so ein Einkehrwochenende mache. Das ist ganz oft in Bittenberg, aber auch woanders. Und der Abschluss ...

Korpo Talk: Mhm. Wo die geilen Reels entstanden sind, wo ihr an der Schlosskirche standet.

Justus: Ja, genau, wo dieses ... Genau, wo das einzige virale Reel von mir bisher existiert ... gemacht worden ist. Das ist einer der schönsten Gottesdienste, da einfach so 30 junge Leute wie du und ich einfach in einen stinknormalen Gottesdienstsonntag morgens gehen. Der geht eine knappe Stunde. Es gibt fünf schöne Koräle, eine Predigt, irgendwie okay ist. Und der Rest ist auch irgendwie so total normal.

Korpo Talk: Das ist so geil.

Justus: Wir hatten aber keine andere Erwartungen und wollten auch nicht mehr. Und danach gehen wir einfach zwei Aperol trinken und was Schönes essen. Und wir spazieren einfach irgendwie durch diese Stadt und merken, so kann ein Sonntag aussehen.

Korpo Talk: Ja, und das ist beim CV, beim UV und beim KV ist das so. Da sind diese Jungs, die so aussehen wie wir, die diesen Lifestyle haben, dieses Selbstverständnis. Also gut, Lifestyle ist vielleicht ein falscher Ansatz. Das hört sich nach Modewelle an. Aber halt tief gesettelt in deren Selbstverständnis und deren Identität. Und das fehlt uns. Und das ist das Schöne. Das lebst du ja vor. Und deswegen habe ich auch den Kontakt zu dir gesucht, weil du ja versuchst, ein Lösungsangebot dahingehend zu finden.

Justus: Ja. Ja. Ja. Ja. Und es ist aber eben so, man kann's irgendwie nur selber machen. Man kann einfach irgendwann nur noch anfangen. Und natürlich wird das dann ein Stück weit auch defizitär sein. Ich bin ja so ein großer Verfechter dieses Parochialprinzips, wo ich sage, ihr habt eure Gemeinden, die sind für euch verantwortlich, da geht man sonntagmorgens hin. Aber das hat natürlich auch ... Also, es kann auch was Cooles irgendwie vielleicht auch in unserem Alter haben. sorry, wenn man irgendwie in Berlin wohnt und irgendwie weiß, da, weiß ich nicht, in Wilmersdorf oder in Weißensee, da ist wirklich, also dieser Prediger, ist wirklich gut. Und da fahren wir sozusagen auch drei U-Bahn-Stationen mehr und gehen danach noch irgendwie zusammen spazieren und einen Kaffee trinken, weil das lohnt sich einfach, das ist einfach schön. Das kann auch eine Lösung sein, aber vor allem ist es eine Lösung, das so wie alles andere in die Äußerung des Alltags zu bringen.

Korpo Talk: Hm?

Justus: weil das eben auch den Alltag der anderen verändert. Also in meinem Insta-Feed muss genauso wie das Essen und der Sport und der Abend mit den Jungs der Sonntagmorgen Gottesdienst sein. Dass die Leute mich herum tatsächlich realisieren, krass, der macht das wirklich. Und der macht das jetzt nicht, mir das tausendmal reinzudrücken, sondern das ist für den etwas stinknormales. Und das ist etwas, was ich tatsächlich hier von den ultrafrommen, also sozusagen im besten Sinne, gelernt habe, von den Leuten bei uns im Erzgebirge, das ist etwas, was ihr bei euch selber beobachten könnt. In dem Moment, wo es unseren Glauben und vor allem die Kirche und so weiter geht, beobachtet das bei euch selber. Ihr beginnt anders, also entweder weniger zu reden oder auf eine andere Art Weise zu reden. Also ihr äußert euch anders, als wenn ihr über Fußball oder euren Job redet. Und mir ist das irgendwann hier im Vicarat und dann auch in den ersten Jahren als Pfarrer aufgefallen, wie eben so ganz fromme Leute, die super fest im Glauben und auch in der Kirche stehen, über das, was sie in der Kirche machen, genau demselben Tonfeil, mit genau denselben Wörtern und Formulierungen reden, wie über ihren Job oder über ihre Familie. Und das macht einen ungeheuren Eindruck, weil die Selbstverständlichkeit des Glaubens darin zum Vorschein kommt. Und zum Vorschein kommt Das ist vernünftig, das ist normal, das tut mir gut. Ich möchte, dass das auch Teil vom Leben meiner Kinder, meiner Freunde von dir ist. Und nicht, weil ich dir das einfach sozusagen reinpressen will, sondern so, wie ich dir davon erzähle, dass Avocado Toast lecker ist. So, ich dir davon erzähle, dass ein bestimmtes Skigebiet geil ist. So erzähle ich einfach, dass Sonntagmorgens die Predigt auch wirklich richtig gut war. Und Punkt. Und ich glaube, dass das eben beispielsweise auf meinem Insta-Account, so eine Rolle spielt, weil da so eine völlige Normalität, glaub ich, von Gemeindeleben da ist. So. Ja, und das merk ich, dass das ganz viele eben bewegt, weil die eben sagen, ist das schön, wie normal einfach über die Kirche geredet wird, dass die Kirche dort einfach eine normale Heimat für die ist, die irgendwie versuchen ...

Korpo Talk: Ja, ist tolstuhl.

Justus: mit ihrem Glauben was anzufangen. Und das versuche ich natürlich dann auch irgendwie beizubehalten.

Korpo Talk: Ja, das ist ein toller Ansatz, du da verfolgst. Da ist, glaube ich, noch viel Arbeit und ich glaube, du inspirierst da viele Menschen aus dem ganzen Gleich zu tun. Also, wie gesagt, wärst du bei mir, Farah, im Ort? Ich wäre auch bei jedem Gottesdienst mit dabei. Da kannst du drauf zählen. Aber leider ist das bei mir so der Fall. Wir haben halt eine sehr EKD-typische Gemeinde. Die Leute sind super nett. Also, ich habe die sehr, sehr gerne und ich gehe auch mit meinen Kindern.

Justus: Danke. Khm. Mh.

Korpo Talk: möglichst regelmäßig in den Kindergottesdienst. Meine beiden Kinder sind ja auch bei der evangelisch getauft, weil mir das sehr wichtig war, dass sie halt zumindest die Möglichkeit haben, sich damit auseinanderzusetzen und diese Religion halt mal anders kennenlernen, als wie ich es dem ausgesetzt würde. Du hast ja einen anderen Background dort und ja, dass man da auch Sinn und Erfüllung halt in Jesus findet. Ja, sollen wir mal langsam zum Schluss kommen?

Justus: Ja, das wäre gut.

Korpo Talk: Okay, ja gut. Dann Justus, vielen Dank, dass du heute dabei warst. Ich glaube, wir hatten wieder einen sehr, sehr spannenden Talk, also auch ein super Inhalt. Und danke für deine Zeit.

Justus: Ja, danke für die Einladung. Das ist schön bei euch, weil so ein ... Also, weil ich bei denen ... Also, ich krieg ja ... Ich bei der letzten Folge super viele Rückmeldungen bekommen. Also, ich merke einfach ein ganz genuines Interesse und eine ganz genuine Sehnsucht danach, dieses Christsein, dieses Leben mit Gott irgendwie wirklich machen zu können. Und so eine große Ratlosigkeit ... wie das heutzutage vor allem als Protestant möglich ist. ich kann da... so meldet euch mit allem, was ihr irgendwie braucht. Irgendwie klingt jetzt doof, aber folgt mir auch gerne, weil ich tatsächlich versuche, dem etwas anzubieten. Da kommt in der nächsten Zukunft tatsächlich auch etwas ganz, ganz Konkretes. Und bleibt bei der Sehnsucht und haltet die wach.

Korpo Talk: Hm. Ja, ich weiß.

Justus: Aber sucht halt wirklich bitte auch aktiv nach Sachen. Protestantismus bedeutet auch, dass man seiner Pfarrerin oder seinem Pfarrer auch mal eine E-Mail nach einem Gottesdienst oder so schreibt und sagt, ich hab mich sehr wohlgefühlt im Gottesdienst und ich dank Ihnen auch für das, was Sie da tun. Aber ich merke, dass wenn Sie solche Formulierungen benutzen oder wenn es immer und immer wieder kommt ... dass ich eigentlich nicht zu... Also, dass ich gerade... Ich möchte ermutigt werden, irgendwie als Christ zu leben, aber ich bekomme irgendwie immer so eine kritische Rückfrage und muss mich immer irgendwie mit mir selber beschäftigen. Dabei will ich irgendwie einmal in der Woche mich auch mal mit Gott beschäftigen. Können Sie das hören, dieses Bedürfnis? dann... Also, das ist auch Protestantismus. auch als Christ selbstbewusst aufzutreten. Aber dazu gehört ein Hingehen und dort bleiben. und ein Stück weit eben sozusagen mit Glauben. genau, dazu kann ich nur ermutigen und versuche tatsächlich auch eine ganz konkrete Hilfestellung zu bieten. Deswegen danke fürs Zuhören und danke für die Einladung. Das ist wirklich ein zweites Mal jetzt sehr, sehr cool gewesen. Danke.

Korpo Talk: Gerne, Ist auch eine spannende Folge mit dir. Vielen Dank an dich. Liebe Zuhörer, dieser Podcast ist mittlerweile mehr als nur ein Hobby geworden. ist zu einem zweiten Vollzeit-Job herangewachsen. Wir stecken viel Herzblut und Arbeit hinein, investieren regelmäßig in neueste Technik und haben auch hohe Fixkosten zu decken. Jede Form der Unterstützung hilft uns dabei, das Projekt weiterzuführen und die Qualität hochzuhalten. Wenn ihr uns unterstützen möchtet, schaut gerne auf unserem Patreon-Account vorbei. Dort könnt ihr Gönner oder sogar Produzent des Podcasts werden. Alle Infos und Links findet ihr den Show Notes, auch Justus Buch. Danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge. Geht mal wieder bummeln bei anderen Häusern, das ist auch schön. Ciao.

Justus: Und beende es einfach hier auf.

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